RAVE ON ab 31. Juli 2025 im Kino

Nicht dass ich in meinem Leben eine nennenswerte Zahl an Raves oder Technoparties besucht hätte, aber immerhin verbrachte ich in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern einige Zeit in einem für Kleinstadtverhältnisse erstaunlich urbanen Club, dem Werk 1, einem ehemaligen Suchard-Fabrikgebäude in Lörrach. Dort stand ein alter schwarzer Oldtimer-Citroen, alles war mit Klavierlack schwarz angemalt und es lief eben immer wieder Techno, wenn auch eher in der Mainstream-Richtung. Noch urbaner war es in der Stücki, der Stückfärberei in Basel, wo ich auch hin und wieder war und wo der Hitparaden-Techno eben nicht lief. Heute ist die Stücki zu einem Einkaufszentrum und Multiplexkino geworden, ein recht schicker aber gesichts-, geschichts- und weitgehend kulturloser Ort. Als ich um die Jahrtausendwende nach Berlin zog, war mein Interesse an Techno aber bereits komplett erloschen. Besuche in den Berliner weltberühmten Clubs hatte ich mir weitgehend erspart.


Am 31. Juli kommt nun ein Film in die Kinos, der sich mit der Berliner Technoszene auseinandersetzt, vermutlich schon wieder ein Film, ich habe allerdings keinerlei Überblick über das Genre des Technoszenefilms, aber gefühlt ist das durchaus inzwischen ein Subgenre des Berlinfilms. Ach ja, Berlin Calling von Hannes Stöhr aus dem Jahr 2008 hatte ich damals gesehen, ich kann mich aber an unerfreulich wenige Details erinnern. Es gibt so ein paar Auflistungen und Blogposts zum Thema, meistens sagen mir lediglich ein oder zwei Filmtitel etwas.

Eigentlich bin ich also der erdenklich Falsche, der über einen Technofilm eine Kritik schreiben sollte, aber da ich mich gerade in einer Berlinfilmphase befinde, lasse ich mich mit möglichst viel Wohlwollen darauf ein, mal sehen, wie ich die 80 Minuten von Rave On so empfinden werde.

Mit schnellem Beat geht der Film los, mir fehlen ja auch die Begrifflichkeiten, um sinnvoll über Techno reden zu können. Die Leinwand (bzw. der Bildschirm) bleibt länger schwarz, erste Lichtblitze erscheinen, dann der Cast, die Namen der beiden Regisseure, der Filmtitel. Bis die Handlung losgeht sind fast drei Minuten vergangen, der Beat reizt in der Tat zum Tanzen, was aber im Kino eher weniger gut möglich ist. Und in der Tat geht die Handlung dann auch gleich mit zwei Elementen des Clublebens los: der langen Schlange vor irgendeinem versteckten, schäbigen Eingang (könnten mir Menschen, die sich auskennen, sagen, ob das ein real existierender Berliner Club ist?) – und der Türsteher.

Doch Richie, der Türsteher, lässt Kosmo, den Protagonisten, ein ehemals gefeierter Techno-Produzent und DJ nicht rein, offenbar war da mal was vorgefallen. Inzwischen war Kosmo nur noch im Studio aktiv. Aber die jungen Clubbetreiber kennen den einst namhaften Kosmo gar nicht mehr: „Wer ist denn das?“ flüstern sie. Kosmo hatte sich damals nach einem Streit aus der Szene zurückgezogen – und nun will er es noch einmal probieren, und deshalb ist er da, denn heute Abend legt angeblich der sagenumwobene Troy auf, und dem will Kosmo seine aktuelle Platte geben. Richie lässt aber nicht mit sich spaßen und auch als Kosmo es mit dem Hintereingang versucht, ist Richie, der Fuchs, aufmerksam und fängt ihn ab. Aber Richie ist kein Unmensch, als er sich die Story von Kosmo angehört hat, lässt er ihn halt rein. Eine Handvoll Besucher kennt ihn auch noch von früher. Aber angeblich ist Troy heute doch nicht da, wohl was dazwischen gekommen sagt der Sicherheitsmann vom Backstagebereich.

Und so zieht Kosmo durch den Club, trifft alte Bekannte, trinkt mal einen Kaffee, mehr nicht, sein Handy hat er im Studio vergessen. Mit den meisten der alten Bekannten kann er eigentlich gar nichts mehr anfangen, komisches Volk. Flacher Smalltalk. „Toll oder? Macht Spaß!“ Richie macht sich zwischendurch Sorgen um ihn: „Kosmo, pass auf dich auf!“

Dann trifft er auf die junge Alex, mit der er ins Gespräch kommt. Schnell ist er ihr gegenüber sehr offen, erzählt alles, was damals vorgefallen ist, warum er sich mit seinem Freund in die Haare gekriegt hat. Und dass er sich dann zurückgezogen hatte. Und dann schafft er es doch noch Backstage, weil sich jemand, die junge Roxy Jay, an ihn erinnert, damals weit vor Corona, manchmal spielt sie seine Sachen sogar noch, sagt sie. Aber kaum ist er drin, schmeißt ihn der Sicherheitsmann von vorhin wieder raus, Troy wolle schließlich seine Ruhe haben. Dann nimmt man Drogen, Ketamin und was weiß ich. Und dann gibt’s da noch einen Tipp für einen „geheimen“ Zugang zum Backstagebereich, durch die Abluftröhre. Mal sehen, ob das hilft. Allerdings gibt’s da Ratten. Und dann wird’s spooky und strange… Drogen? Horror? Und plötzlich ist er von seinem Ziel, Troy die Schallplatte zu geben, weiter entfernt denn je. „Check mal deine Energies“, rät man ihm.

Ich finde in der zweiten Hälfte, wenn der Film bisweilen ins Drogentraumhafte abdriftet, ist mir das wenigstens stilistisch interessant erzählt, es wird etwas märchen-, fantasy-, horrorhaft, und das mag ich ganz gerne. Die erste Hälfte ist mir zu dünn, was interessiert mich, dass er diesem DJ seine Platte geben will. Aber auch die Drogenrauschstory der zweiten Hälfte hält mein Interesse kaum mehr als zehn Minuten aufrecht – und dann weiß ich zunächst gar nicht mehr, in welche Richtung es weitergeht.

Von „einem existenziellen Trip voller unerwarteter Begegnungen, pulsierender Bässe und halluzinatorischer Erfahrungen“ spricht der Pressetext und in den besseren Phasen des Films stimmt das ja auch. Am allerbesten finde ich dann schon die Tanz- und Musikphase in der zweiten Hälfte des Films,als Kosmo die junge Alex wiedertrifft, die eigentlich gehen will und mit der er dann tanzt. Und da drängt sich mir der Verdacht auf: Hätten die beiden Regisseure Nikias Chryssos und Viktor Jakovlevski doch besser mal die ganze Story weggelassen und sich auf die Musik, auf den Rausch, auf die Party, auf das, wie es im Pressetext auch heißt, „immersive Kinoerlebnis“ und auf die Euphorie beschränkt, es wäre der um Welten bessere Film geworden.

Originaltitel: Rave On

Produktionsland/-jahr: Deutschland 2025

Genre: Drama, Musikfilm

Regie: Nikias Chryssos, Viktor Jakovleski

Darsteller: Aaron Altaras, Clemens Schick, Ruby Commey, Hieroglyphic Being

Lauflänge: 81 min

FSK: 16

Kinostart: 31.07.2025

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