KURZKRITIKEN: NIPPON CONNECTION Filmfestival ON DEMAND

Sensei, Would You Sit Beside Me? Von Takahiro Horie

BACKLIGHT von REN SUDO

Ein flirrender Sommer im Süden Japans, die 1970er Jahre. Der Tokioter Student Akira und sein Kommilitone Yoshioka verbringen die Semesterferien am Meer, dorthin wo Akira aufgewachsen ist. Sie spazieren, fahren mit der Seilbahn in die Berge, schauen sich die Sehenswürdigkeiten an. In der vierten Klasse war Akira aus Tokio hier her in die Provinz gezogen. Er hatte Tokio sehr vermisst. Hier in der Provinz hatte man ihn geärgert, weil er den hiesigen Dialekt nicht sprechen konnte. Weil nichts los ist in seiner alten Heimat, hängen auch zwei ehemalige Klassenkameraden von Akira mit ihnen rum, zwei Provinzmädels, die es nie aus dem Dorf rausgeschafft haben. In der Bar, auf einer Bootstour, am Strand, im Club hängen sie zusammen ab. Doch Akira stellt fest, dass es keine gute Idee ist, die beiden mit sich zu haben, weil die jungen Frauen aus ihrer Provinzialität nie herausgekommen sind. Und eigentlich würde Akira Yoshioka am liebsten für sich allein haben…

BACKLIGHT stammt vom japanischen Schauspieler Ren SUDO. Es ist sein Regiedebüt, in dem er auch die Hauptrolle spielt. SUDO schafft es, die Zeit der 70er in Japans Provinz eindrücklich zu erschaffen und die schwule Liebesgeschichte in jener Zeit zu erzählen. Die Stimmung ist flirrend und aufgeheizt, der Kontrast zwischen provinzieller und urbaner Lebensweise prägt die Handlung. Ein beeindruckendes Filmdebüt.

逆光

Gyakko

Japan 2021

64 Minuten

Regie: Ren SUDO

Drehbuch: Aya WATANABE

Kamera: Shiguma SUDO

Musik: Yoshihide OTOMO

Besetzung: Ren SUDO, Haya NAKAZAKI, Eriko TOMIYAMA, Aki KIGOSHI, Kazunori MIMURA

Der Film läuft noch On Demand bis zum 6. Juni 2022 im NIPPON CONNECTION Filmfestival:

Tickets unter https://watch.nipponconnection.com/film/backlight/

+++

Sensei, Would You Sit Beside Me? Von Takahiro Horie

Sawako und Toshio arbeiten in Tokio beruflich eng zusammen: Erfolgreich schreiben und entwerfen siezusammen Mangas. Sie ist für die Stories verantwortlich, er setzt die Geschichten um. Gerade haben sie wieder ein werk beendet, als Sawako einen Anruf erhält, dass ihre Mutter einen Unfall erlitt. Schnell fahren sie zu ihr aufs Land, wo sie wohnt. Doch es ist nichts Dramatisches, sie läuft auf Krücken, ist aber guter Dinge.

Eines Tages findet Sawako heraus, dass Toshio sie mit ihrer gemeinsamen Verlegerin betrügt. Da schmiedet sie einen außergewöhnlichen Racheplan: Statt ihren Mann mit den Erkenntnissen zu konfrontieren, legt sie ihm Mangaentwürfe vor, die deutliche Parallelen zum Leben der beiden haben. Aber weil Toshio sie überall hinfahren muss, da sie keinen Führerschein hat, muss sie erst ihre Phobie vor dem Gaspedal überwinden, bevor sie sich von ihm trennen kann. Mit den Mangaentwürfen beginnt sie ein raffiniertes Spiel damit, ihren Mann zu manipulieren…

Takahiro Hories Film ist ein vergnügliches Stück über das Verhältnis von Kunst zum Leben, darüber das Kunst bisweilen auch direkte Einflüsse auf das Leben des Lesers nehmen kann. Die Grundidee ist wunderbar, bisweilen erzählt der Film etwas zu konventionell und man hat zur Mitte des Films die Befürchtung, dass diese Grundidee nicht den ganzen Film trägt. Aber dann nehmen Sawakos Pläne doch immer wieder ungeahnte Wendungen und der Film wird in der zweiten Hälfte zu einer spannenden, raffinierten, doppelbödigen und bisweilen berührenden Beziehungskomödie.

Sensei, watashi no tonari ni suwatte itadakemasenka?

Japan 2021

119 Minuten

Regie: Takahiro HORIE

Drehbuch: Takahiro HORIE

Kamera: Rei HIRANO

Musik: Takuma WATANABE

Besetzung: Haru KUROKI, Tasuku EMOTO, Daichi KANEKO, Nao, Jun FUBUKI

Takahiro HORIE, 1988 in der Präfektur Gifu geboren, drehte nach seinem Regiestudium an der Tokyo University ft he Arts sein Langfilmdebüt HURT (2015), das beim 16. Tama New Wave Wettbewerb mehrfach ausgezeichnet wurde. Neben seinen Kinofilmen wirkte HORIE auch als Regisseur an mehreren Fernsehserien mit und schreibt Drehbücher.

Sensei, Would You Sit Beside Me? lief auf dem NIPPON CONNECTION Filmfestival in Frankfurt am Main und ist noch bis zum 6. Juni 2022 ON DEMAND auf der Festivalseite zu sehen:

https://watch.nipponconnection.com/film/sensei-would-you-sit-beside-me/

+++

TARGET von Shinji Nishijima

Der japanische Journalist Takashi UEMURA veröffentlichte 1991 für die Zeitung Asahi Shimbun mehrere Artikel über eine Koreanerin, die im Zweiten Weltkrieg an japanische Soldaten als „Trostfrau“ zwangsprostituiert wurde. Über zwei Jahrzehnte später werden die Artikel als erfunden gebrandmarkt, UEMURA wird in den Medien angegriffen, verliert seine Hochschul-Lehraufträge und seine Familie wird bedroht. Der Filmemacher Shinji NISHIJIMA zeichnet eindrucksvoll nach, wie rechtsextreme Kräfte in Japan systematisch Einfluss auf die Gesellschaft ausüben und welche Rolle die japanische Regierung dabei spielt.

Eindrückliche Dokumentation über eine dunkle Vergangenheit in Japans Geschichte und deren Rezeption in der heutigen Zeit und über den Hass, der dem Journalisten, der über die Zwangsprostitution, der Koreanerinnen damals als „Comfort Women“ ausgesetzt waren, geschrieben hatte, aus nationalistischer und rechtsextremer Richtung entgegenschlug.

Japan 2021

99 Minuten

Regie: Shinji NISHIJIMA

Kamera: Yoshikiyo YUTANI

Musik: Miki TAKEGUCHI (Viento)

Shinji NISHIJIMA, 1957 in der Präfektur Fukuoka geboren, studierte an der Waseda University und startete seine Karriere 1981 bei der RKB Mainichi Broadcasting Corporation. Von 1991 bis 1994 arbeitete er als Korea-Korrespondent in Seoul. Er produzierte zahlreiche TV-Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg. 2017 führte er beim Dokumentarfilm RESISTANCE – THE OLD WRITER HAYASHI EIDAI zum ersten Mal selbst Regie. 2019 gründete er seine eigene Produktionsfirma Document Asia. Sein zweiter Kinodokumentarfilm TARGET (2021 / NC ’22) wurde beim Busan International Film Festival uraufgeführt.

TARGET ist noch bis zum 6. Juni ON DEMAND beim NIPPON CONNECTION Filmfestival zu sehen:

https://watch.nipponconnection.com/film/target/

++

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert