KURZKRITIKEN VOM DOK.FEST MÜNCHEN

Gretas Geburt, DOK.fest München.

GRETAS GEBURT

Deutschland 2023 – Regie: Katja Baumgarten

„Das ist natürlich für jede Geburtshelferin der absolute Horror. Dass du ein wohlgestaltetes Kind vor dir hast, das aussieht, als könnte es jeden Moment die Augen aufmachen, aber du kriegst da keine Luft rein.“ Greta liegt im Bauch ihrer Mutter andersherum als üblich, in Steißlage. Die Hebamme und praktische Ärztin Anna, die in 30 Jahren rund 2000 Geburten betreut hat, bringt das Kind in einer Hausgeburt zur Welt. Das Kind stirbt dabei. Es kommt zum Prozess. Sechs Jahre und neun Monate Gefängnisstrafe, Berufsverbote, Schadensersatzzahlungen. Ein bis dahin einmaliges Urteil. Nach der Entlassung aus der Haft ist für Anna nichts mehr wie es war. Katja Baumgarten fordert uns mit ihrem Dokumentarfilm dazu auf, über die heutige Geburtskultur nachzudenken. (Ina Borrmann, Festivaltext)

GRETAS GEBURT ist ein zutiefst ergreifender Dokumentarfilm über die Rolle einer Geburtshelferin beim Tod eines Kindes bei der Geburt. Sorgfältig führt Katja Baumgarten uns das Geschehen an jenem schicksalshaften Tag, durch den darauffolgenden Gerichtsprozess und sie stellt die Hebamme vor, wie es ihr heute geht, wie sie die Ereignisse von damals aus heutiger Sicht sieht. Natürlich fehlen im Film die Schilderungen der Eltern um ein komplettes Bild des Geschehens zu bekommen. Die Eltern hatten sich entschlossen, nicht für den Film zur Verfügung zu stehen. Dennoch ein zutiefst beeindruckender Dokumentarfilm.

Englischer/Originaltitel: GRETA’S BIRTH. Autor*in: Katja Baumgarten. Kamera: Gisela Tuchtenhagen, Katja Baumgarten. Ton: Katja Baumgarten. Schnitt: Christian Iseli. Produktion: viktoria11.de Dokumentarfilm. Produzent*in: Katja Baumgarten. Länge: 96 min. Vertrieb: viktoria11.de Dokumentarfilm. Verleih: viktoria11.de Dokumentarfilm.

Biografie

Katja Baumgarten

1981 Hebammenexamen. Studium Freie Kunst an der Fachhochschule Hannover, danach Filmstudium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Gründungsmitglied der Filmwerkstatt Dokumentarisch Arbeiten e.V. in Hamburg. Seit 2000 freie Filmemacherin.

Filmografie

MUTTERLAND, DE 1993, 33 Min.

DAS LEBEN GESCHENKT, DE 1997, 89 Min.

MEIN KLEINES KIND, DE 2002, 88 Min.

Nominiert für den VFF Dokumentarfilm-Produktionspreis 2023

RUÄCH – EINE REISE INS JENISCHE EUROPA

Schweiz 2023 – Regie: Andreas Müller, Simon Guy Fässler

„Wir können nicht in einem Wohnblock leben. Unmöglich.“ Isa kämpft seit Jahrzehnten mit der Stadtverwaltung um angemessenen Wohnraum. Im Herzen ist die Matriarchin immer noch eine Fahrende: Die Jenischen ziehen am liebsten von Ort zu Ort oder leben in sehr einfachen Behausungen. Traditionell arbeiten sie als Altmetallsammler*innen und Messerschleifer*innen. Familie und Freiheit sind ihre höchsten Werte. Ihr Leben ist hart, sie erfahren viele Ausgrenzungen und Diskriminierungen: Es ist nicht lange her, dass die Kinder auf dem Schulweg den Familien weggenommen, die Erwachsenen zwangssterilisiert wurden. Aber ihr Stolz ist ungebrochen. Ein meisterhaftes Roadmovie zu einem weithin unbekannten Volk, das durch seine Stärke und freie Lebenseinstellung beeindruckt. (Festivaltext, Ysabel Fantou)

Spannender Einblick in eine uns weitgehend unbekannte Welt.

MY NAME IS ALFRED HITCHCOCK

UK 2022 – Regie: Mark Cousins

„Vertraust du mir?“ fragt die markante, leicht nuschelnde Stimme. „Du weißt, dass Filme nichts als Lügen sind?“ Dann erzählt Hitchcock mit Humor und hörbarem Schnaufen von seinem Leben, erläutert berühmte Filmszenen und zeigt, welche Relevanz all das für ein zeitgenössisches Publikum hat. Mark Cousins bringt einen virtuellen Hitchcock posthum zurück auf die Leinwand und fächert assoziativ dessen cineastisches Universum auf. Offene Türen im Filmset werden zu Portalen und ziehen die Zuschauer*innen in die Handlung. „Entkommen“, „Begehren“, „Einsamkeit“ lauten die strukturgebenden Titel von drei der sechs Filmkapitel. Ein Hitchcock, der in vergnüglichen zwei Stunden ein Fest für Cineast*innen feiert, die sich nur zu gerne einem Trug hingeben. Silvia Bauer (Festivaltext)

Recht unterhaltsame, spielerische und lehrreiche Dokumentation über den Meister des Suspense, der verschiedene Konstanten im Werk des Regisseurs untersucht und diese quasi von ihm selbst erläutern lässt. Das ganze ist verknüpft mit einer Vielzahl sorgfältig ausgewählter Ausschnitte aus seinen Filmen.

Autor: Mark Cousins. Kamera: Mark Cousins. Ton: Ania Przygoda. Schnitt: Mark Cousins. Musik: Donna McKevitt. Produktion: Hopscotch Films. Produzent: John Archer. Länge: 120 min. Vertrieb: Dogwoof.

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