Das Haus der Musik im Hatje Cantz-Verlag

Autor*in: Maddalena Vaglio Tanet
Illustriert von: Giovanni Colaneri
Deutsch
September 2023, 64 Seiten
Hardcover
222mm x 174mm
ISBN: 978-3-7757-5577-1
€18

Renatas Großvater ist in ein Musikaltersheim gezogen, in dem etliche andere Musikerinnen und Musiker ihre Alterszeit verbringen. Jeden Dienstag kommt Renata ihren weißhaarigen, streifenbehosten, noch unglaublich cool wirkenden Opa besuchen. Dass der noch so quietschfidel wirkt, liegt vielleicht auch daran, dass er sich in die Sporanistin Mirella Drago verliebt hat, ein Superstar der Musikszene, die noch heute ständig Blumen von Verehrern bekommt, und die direkt neben Opa wohnt. Die beiden begegneten sich schon, als sie noch jung waren, in der Oper in Paris, New York oder Wien. Unerhörte Skandale und Geschichten ranken sich um ihre Biografie. Ganz schön schrill ist sie noch heute: „Seit der Zeit, als sie sich verkleiden musste, um den Fotografen und allzu aufdringlichen Bewunderern zu entkommen, hat sie einen Perückentick. Jeden Tag sieht man sie mit einer anderen Haartracht im Garten herumspazieren: orange Locken, eine kastanienbraune Dauerwelle, ein rabenschwarzer Bubikopf oder schockrosa Zöpfe.“ Großvaters Liebe ist derzeit noch unerwidert, Renata rät ihm eher, die Harfenistin Luna Kim zu ehelichen.

Nun hegt Großvater einen Plan: Auch Renata oll natürlich, wie alle in ihrer Familie, Musikerin werden. Doch wie soll sie sich entscheiden? Wofür? Wie klingen denn die Tuba, das Schlagzeug, der Synthesizer, die Ukulele und so weiter. Oder sonst irgendwas? Der Ukulelemeister Kekipi versucht bei der Entscheidung zu helfen:

»Vielleicht kannst du später auch Musik unterrichten. Oder was ganz anderes machen.«

»Snowboardfahrerin«, fällt Renata ein. »Oder Konditorin und Mirella Drago ihre Baisers liefern.«

„Das Haus der Musik“ ist ein beinahe anarchistisches, schrilles, farbenkreischendes Buch über Musik, der gelungene Versuch Musik, Töne, Geräusche in ein buntes Kinderbuch zu packen, ohne die Musik direkt wiederzugeben. Die Farben und Wörter sind zu Papier gewordener Ausdruck der Musik, voller Expressionismus, voller Lebensfreude. Dem Buch mangelt es so herrlich an Bravheit, dass man sich wundert, warum es so etwas nicht viel öfters gibt. Ben zum Beispiel, der Schlagzeuger, leidet an Parkinson, „darum kann er auch als alter Mann nicht stillhalten.“

Die Lyrikerin, Roman- und Kinderbuchautorin Maddalena Vaglio Tanet hat sich diese großartige Geschichte ausgedacht. In Pisa und New York hat sie Literatur studiert, Inspiration für diese Geschichte ist die Casa Verdi in Mailand, die einst Giuseppe Verdi gegründet hatte und die zu einem Zufluchtsort für betagte, aber mittellose Musikerinnen und Musiker geworden ist.

Mit unbändiger Freude an wundervoll naiven, kindlichen, expressiven Illustrationen sorgte der Autor und Illustrator Giovanni Colaneri für den visuellen Rausch dieses Kinderbuchs. Colaneri hat in Florenz und Urbino studiert. Ich werde die (zum Teil) braven, betulichen Kinderbücher meines Sohnes (8) etwas verräumen und dem „Haus der Musik“ einen verdienten Platz ganz vorne im Kinderbuchregal vermitteln.

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