DIE KINDER AUS KORNTAL im Wettbewerb des DOK Leipzig Festivals

Die Kinder aus Korntal

Regie: Julia Charakter

Deutscher Wettbewerb Dokumentarfilm

Deutschland 2023

90 Minuten

Deutsch

Untertitel:

Englisch

Weltpremiere

„Manchmal hab ich mich gefragt, wie ich das überlebt habe“, sagt einer der Betroffenen, der in den 60erjahren im Kinderheim der evangelikalen „Brüdergemeinde“ im Ort Korntal untergekommen war. Korntal hatte keine 10000 Einwohner, seit 1975 ist die nahe Stuttgart gelegene Gemeinde zur Stadt Korntal-Münchingen zusammengelegt. Schwäbische Provinz. Seit den 1950er Jahren wurden im Kinderheim der evangelikalen Brüdergemeinde Hunderte von Kindern sexuell missbraucht, zu Arbeit gezwungen, geschlagen, gequält, gezüchtigt. Sie seien „Menschenmüll“ gewesen, sagt einer der Betroffenen. Lange wurde alles totgeschwiegen, aber bis heute haben 150 ehemalige Heimkinder ihr Schweigen gebrochen, achtzig Täterinnen und Täter wurden inzwischen ermittelt. Die hatten sich gegenseitig gedeckt, das Umfeld hat weggeschaut. Der Missbrauch konnte lange Jahrzehnte weitergehen. Erst 2013 kam der Skandal an die Öffentlichkeit, aber immer noch blockierten sowohl die Gemeinde als auch die Dorfgemeinschaft. Erst als der öffentliche Druck wuchs, begann man zögerlich den Aufarbeitungsprozess, der aber, wie bei vielen Missbrauchsfällen in Institutionen zutiefst unbefriedigend verlief. Aussagen wurden angezweifelt, die Opfer mussten ihre Traumata wieder durchleben. Der Kampf um Aufklärung und Wiedergutmachung dauert bis heute an.

Von Schlägen mit einem heißen Kleiderbügel berichtet eine Betroffene. „Statt der Gutenachtgeschichte haben wir unsere Prügel gekriegt.“ Ohne Grund. Ohne konkreten Anlass. Die Kinder entwickeln Ängste und Alpträume. Schlaflosigkeit. Bedrückende Schwarzweiße Illustrationen untermalen die Erzählungen der Betroffenen. „Wenn ich mich erinnern möchte, dann schau ich in den Spiegel“, sagt einer. „Es geht darum, dass die sich erinnern.“

Nach außen sah dieses Kinderheim aus, wie ein Paradies. Ein Vorzeigeobjekt. Schöne Häuser, ein Schwimmbad, hundert Pferde, eine eigene Schule. Die Jugendämter und die Landesregierung war zufrieden. Aber alles war nur Schein. Psychische Gewalt herrschte, man wurde den ganzen Tag fertig gemacht, erzählt ein Bewohner. Gewalt durch die Lehrer, bis hin zu schweren Verletzungen. Aber das habe man schon verdient. Schläge wegen Nichtigkeiten. In den Keller eingesperrt. In Gottes Namen. Alles muss mit körperlicher Gewalt bestraft werden. Die verprügelten Kinder wurden dann gleich noch verarztet, damit die Prügelaktionen nicht an die Öffentlichkeiten drangen. Sexueller Missbrauch, Vergewaltigungen. Auch von Pateneltern, die Kinder für ein Wochenende mit nach Hause nehmen konnten. Oder vom Hausmeister des Kinderheims. „Und wenn du irgendwas erzählst, dann knallt’s.“ Die Erzählungen nehmen kein Ende, bedrückende Schilderungen. Mit den Heimkindern sollten sich die anderen Korntaler nicht abgeben. Und es gibt Nachbarn, Anwohner, die die Leiter des Kinderheims noch heute in Schutz nehmen.

Endlich bekommen die Betroffenen mit diesem beeindruckenden Film eine Stimme. Der Film verzichtet auf jegliche Dramatisierung. Die Erzählungen der Opfer reichen aus. Sie sind bedrückend, unfassbar. Die Verbrechen der Brüdergemeinde in Korntal verschlagen einem den Atem. „Die Kinder aus Korntal“ ist ein wichtiger Film.

https://www.dok-leipzig.de/film/die-kinder-aus-korntal/programm

1 Comment

  1. es ist richtig, dass die betroffenen ausgesagt haben.. hoffentlich schauen die Ämter und Schulen jetzt sehr sehr genau hin, denn es bleibt immer was zurück.. Missbrauch an einem Kind, ist Missbrauch an der Seele.

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