Small things like these – der Eröffnungsfilm der 74. Berlinale

Internationale Filmfestspiele Berlin -Claudia Schramke, Berlin

Eine kleiner Ort im Südosten Irlands, im Dezember 1985. Hart muss Bill Furlong arbeiten, um als Kohlenhändler den Lebensunterhalt für seine Familie zu bestreiten. Fünf Töchter hat Bill. Der Winter sorgt dafür, dass er viel zu tun hat. Eines morgens macht er im Kloster des Örtchens eine Entdeckung, die sein Leben verändern wird.

Small Things Like These | Kleine Dinge wie diese. Regie: Tim Mielants Bildbeschreibung: Cillian Murphy. Wettbewerb Berlinale 2024. © Shane O’Connor

Der Film nähert sich der Geschichte der irischen „Magdalenen-Wäschereien“, in denen im Auftrag der katholischen Kirche Tausende Frauen und Mädchen ausgebeutet und gequält wurden, unter dem Deckmantel der „Errettung“ von ledigen Müttern und Prostituierten. Ihre Kinder wurden ihnen weggenommen und zur Adoption freigegeben. „Heim für gefallene Mädchen“ hießen die Einrichtungen beschönigend bis Ende des 20. Jahrhunderts, um die Verbrechen der Kirche zu vertuschen. Das letzte Magdalenenheim Irlands wurde erst 1996 geschlossen.

„Small things like these“, der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale, ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans der Schriftstellerin Claire Keegan, die schon die Vorlage zu Colm Bairéads irischsprachigem Film „The Quiet Girl“ geschrieben hat. Das Drehbuch schrieb Enda Walsh. Regie führte der belgische Regisseur Tim Mielants. Mielants, Jahrgang 1979, stammt aus der Nähe von Antwerpen, studierte an der LUCA School of Arts in Brüssel und fing seine Arbeit als Regisseur zunächst im TV-Bereich, zum Beispiel mit Fernsehserien wie „Super 8“ oder „Code 37“. Sein Kinodebüt hieß „De Patrick“, der 2019 in den belgischen Kinos zu sehen war und in Karlsbad mit dem Preis für die beste Regie prämiert wurde. Für die BBC-Miniserie „The Responder“ erhielt er BAFTA- und Emmy-Nominierungen. Im Jahr 2023 folgte das belgische Historiendrama „Weil der Mensch erbärmlich ist“ („Wil„), der Verfilmung eines Romans von Jeroen Olyslaegers. In den Hauptrollen von „Small Things Like These“ sind Cillian Murphy, Ciarán Hinds und Emily Watson zu sehen.

„Small things like these“ krankt leider sehr an seiner Figurenzeichnung. Wir erfahren einiges über den von Cillian Murphy gespielten Bill Furlong, aber wir erfahren sehr wenig über die Leiden der Opfer, wir erfahren nicht viel über die Beweggründe über die Emotionen der von Emily Watson gespielten Oberin, wir erfahren wenig über Bills Frau Eileen und über seine Kinder. Wir erfahren auch wenig Details darüber, was denn genau in diesen Magdalenen-Wäschereien passiert ist. Das ist merkwürdig und es riecht sehr danach, dass bei der Umsetzung von Claire Keegans Vorlage Entscheidendes verschwunden ist. Lange tappt man im Dunkeln, in welche Richtung sich der Film den entwickeln wird und am Schluss sind die paar Zeilen Erklärung kurz vor Abspann mit Abstand das Handfesteste, was man über diese Geschichte erfahren hat.

In der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist ein Interview mit dem Hauptdarsteller Cillian Murphy abgedruckt. Und es ist bezeichnend, dass wir aus diesem Interview mehr über den Magdalenenheim-Skandal erfahren, als aus dem kompletten Film. „In Irland wusste jeder davon“, sagt Murphy. „Auch meine Eltern sprachen darüber, es betraf ihre Generation stärker als meine.“ Immerhin hat der Film eines bei mir erreicht: Ich werde mir die arte-Dokumentation „Irlands geraubte Kinder“ ansehen.

SMALL THINGS LIKE THESE/KLEINE DINGE WIE DIESE

von Tim Mielants
mit Cillian Murphy, Eileen Walsh, Michelle Fairley, Emily Watson, Clare Dunne
Irland / Belgien 2024
Englisch, Untertitel: Deutsch
96′
Weltpremiere | Eröffnungsfilm

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