E.1027 – EILEEN GRAY AND THE HOUSE BY THE SEA beim DOK.fest München

Schweiz 2024 – Regie: Beatrice Minger, Christoph Schaub – Originalfassung: Englisch, Französisch – Untertitel: Englisch – Länge: 88 min.

Eileen Gray wurde 1878 im Südosten Irlands geboren. Als eine der ersten Frauen überhaupt studierte sie an der Slade School of Art in London, dann folgte der Umzug nach Paris. Dort begann ihre Karriere als Designerin. Dort begann ihre Karriere als Designerin, 1922 eröffnete sie eine Galerie und zeigte dort ihre Möbel, Teppiche und Paravents. In den Zwanzigern lernte sie auch den namhaften rumänischen Architekten Jean Badovici kennen, der sie in die Architektur einführte und sie dazu ermunterte, in der französischen Mittelmeerküste ihr erstes Haus zu entwerfen, das E.1027. „Mit diesem haus habe ich etwas gefunden, von dem ich nicht wusste, dass es mir fehlte. Ein Ort, nach dem ich mich ein Leben lang gesehnt hatte. Ich habe es zusammen mit Jean Badovici gebaut. Wir wollten etwas Kleines, ein Rückzugsort. Versteckt“ – so hört man sie in „E.1027 – Eileen Gray and the House by the Sea” sagen.

Die Filmemacher*innen Beatrice Minger und Christoph Schaub zeichnen in dem Dokumentarfilm das Leben der Designerin und Architektin nach, stellen Szenen schauspielerisch nach.

Später, Gray war schon von Badovici getrennt und weggezogen, so hören wir die Stimme auf dem Off, habe Le Corbusier das Haus entdeckt und wäre fasziniert davon gewesen. Nie wieder war sie zurückgekehrt. Der am schmalen Grat zwischen Dokumentarfilm und Inszenierung verortete Film kehrt nun mit Eileen Gray zurück, zunächst in das fiebrige, kreative Leben der 20erjahre in Paris, als das Ende des 1. Weltkriegs eine verrückte, intensive, kreative Welt zuließ. Aus gutem Hause kommend, hatte sie keine finanziellen Sorgen, sonst wäre sie wahrscheinlich gar keine Künstlerin geworden. In Paris wollte sie alleine sein, nur mit ihrer Haushälterin, aber sie hatte viele männliche Bewunderer. Aber sie traf Künstlerinnen, Sängerinnen, Designerinnen. Es ging diesen Frauen nicht darum, öffentlich Erfolg zu haben, berühmt zu sein, nicht irgendwelchen modischen Strömungen, etwa dem Art Deco, nachzuhängen. Sie wollten kreativ sein, sich selbst verwirklichen. Und dann begegnet sie eben Jean Badovici, mit dem sie durch die Gegend reist, sie schauen sich Häuser an, damit sie eine der ersten weiblichen Architektinnen werden kann. Was ist die Essenz eines Hauses, fragt sie sich. Die aktuelle, männliche, Architektur ist ihr zu kopflastig, zu mechanisch. Sie aber will zurück zu den Gefühlen und zum Leben. Den Begriff „Wohnmaschinen“ kann sie nicht nachvollziehen. Ein Haus müsse von innen her konzipiert werden, vom Menschen, der darin wohnt. Sie beginnt damit, alte Häuser im Burgund zu renovieren, ihre ersten architektonischen Schritte. Ihr erstes eigenes Haus sollte ein Rückzugsort für die beiden werden, am Meer. Bald findet sie den Ort: Roquebrune, Cape Martin. Aber der versteckte, kaum zugängliche Ort, wird sie vor Herausforderungen stellen. Und dann entsteht das Haus, und es wird diesen geheimnisvollen Namen tragen: E.1027…

Der Film erzählt die beeindruckende Geschichte der Eileen Gray und sicherlich sind sich die beiden Filmemacher darüber bewusst, dass solch ein zwischen Dokumentar- und Spielfilm verortetes Werk immer eine Gratwanderung ist. Aber nur so, denke ich, gelingt es ihnen, in Ermangelung von genügend Filmmaterial, mir zu zeigen und zu vermitteln, wer Eileen Gray ist, ihre Beziehung zu Badovici und das Verhältnis zu Le Corbusier. Dennoch ist es immer etwas schwierig zu verorten, wann der Film exakt auf Quellen zurückgreift, und wann er eben frei interpretiert. Aber die Inszenierungen sind toll gestaltet, das analoge Filmmaterial sorgt für Authehtizität In jedem Fall hat sich der Film für mich gelohnt, ich weiß jetzt mehr über Eileen Gray. Empfehlenswert!

P.S. Spannend sind dann eben jene Interviewszenen mit Eileen Gray, die der Film am Schluss zeigt, als sie 96 – oder 97 Jahre alt ist. Immer noch ist sie aktiv, immer noch hat sie Pläne. Mit 98 Jahren stirbt sie schließlich am 31. Oktober 1976 in Paris.

Filmografie Beatrice Minger (Auswahl)

LOVE A LITTLE, CH 2018, 20 Min.
I FEEL MORE LIKE A STRANGER, CH 2021, 10 Min.


Filmografie Christoph Schaub (Auswahl)

IL GIRASOLE – UNA CASA VICINO A VERONA CH 1995

BRASILIA – EINE UTOPIE DER MODERNE, CH,D 2007

BIRD`S NEST – HERZOG & DE MEURON IN CHINA, CH 2008

ARCHITEKTUR DER UNENDLICHKEIT, CH 2018

Nominiert für den VIKTOR Main Competition DOK.international

DOK.international Main Competition 2024

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