Herr Suenaga ist stellvertretender Direktor einer Oberschule und er steht kurz vor seiner Pensionierung. Er besucht seinen dementen Vater im Seniorenheim, will sich um das Grab seiner Mutter kümmern, führt den Hund Gassi, unterhält sich nett mit seiner Nachbarin, interessiert sich für das Leben seiner Tochter, ob sie einen Freund hat, macht Witze. Du machst mir Angst! Was ist los mit dir? Fragt seine Tochter nur. Denn sie ist sichtlich irritiert. Als freundlichen, verständnisvollen, sozialen, kontaktfreudigen Menschen kennt sie ihn nämlich gar nicht. Sofort hat sie den Verdacht, dass etwas Schlimmes mit ihm vorgeht. Aber er wiegelt nur ab, was sie gleich wieder dazu bringt, sich genervt abzuwenden. Aber am meisten irritiert ist seine Frau, als er ihr plötzlich seine Liebesbedürftigkeit und den Wunsch nach körperlicher Nähe andeutet. Aber sie fragt ihn nur, ob er sich je vorstellen könnte, dass sie dazu ja sagen würden. Nein, kann er nicht. Zu lange ist das alles her. Zu lange, dass es keinen Sex mehr zwischen den beiden gab. Niemand fragt bisher ernsthaft nach, was den wirklich los sei. Die bisher einzige, die etwas zu hören bekommt, ist die junge Bedienung des Frühstückrestaurants auf seinem Weg zur Schule. Er vergisst zu bezahlen. Ich bin krank, ich vergesse, sagt er ihr kurz. Und die junge Frau ist in der Tat die erste, die sich ernsthaft nach seinem Wohlbefinden erkundigt. Und dann meldet der sonst so pflichtbewusste Suenaga sich mit einer Ausrede sogar noch krank, um einen ganzen Tag lang einfach zu tun, worauf er Lust hat.
DREAMING IN BETWEEN von Ryutaro Ninomiya lief im Jahr 2023 in Cannes. Ninomiya erzählt mit reduzierten Mitteln, deutet vieles an und erzählt von verpassten Möglichkeiten und vor allem von verpasster Kommunikation. Erstaunlich an der Geschichte ist es dann eben, dass nicht die ganzen Menschen, die Herrn Suenaga eigentlich nahe sein müssten, seine Frau, seine ewig am Handy hängende Tochter, seine Arbeitskollegen sich wirklich für ihn interessieren, sondern die junge Bedienung aus dem Café, die früher an seiner Schule Schülerin war. Sie interessiert sich, sie hört ihm zu, sie ist ehrlich zu ihm.
Ryutaro NINOMIYA stammt aus der Stadt Kamakura in der japanischen Präfektur Kanagawa. Geboren im Jahr 1986 ist er als Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor tätig. Für sein Langfilmdebüt aus dem Jahr 2012, THE CHARM OF OTHERS, wurde beim traditionsreichen Tokioter PIA Film Festival ausgezeichnet. 2017 übernahm er die Hauptrolle in seinem eigenen Film SWEATING THE SMALL STUFF, der beim 70. Locarno Film Festival uraufgeführt wurde. Im Jahr 2019 wurde er für das Jugenddrama MINORI, ON THE BRINK als bester Nachwuchsregisseur mit dem FILMeX New Director Award Grand Prix ausgezeichnet.
DREAMING IN BETWEEN erzählt die berührende Geschichte dieses Mannes kurz vor der Rente. Das ist immer berührend und man sieht immer wieder Berührungspunkte zum eigenen Leben. Vielleicht ist der Film erzählerisch nicht immer sehr einfallsreich, dennoch schaut man sich diese 96 Minuten sehr gerne an.
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