MIDAS MAN von Joe Stephenson beim Jüdischen Filmfest Berlin-Brandenburg

Brian Epsteins Großvater kam ohne ein Wort Englisch zu können nach Liverpool. Er hatte einen Möbelladen eröffnet, er vermachte den Laden an Brians Vater, der will ihn dann an Brian vererben, wenn es soweit ist, aber womit der Vater nicht einverstanden ist, ist dass der junge Brian, der eigentlich ein großartiger Verkäufer ist, so bedacht ist auf das Aussehen und die Wirkung des Schaufensters, es sei ja schließlich kein Theater. Man ahnt: Die Wege des Brian Epsteins könnten eine andere Richtung einnehmen, als die, die sein Vater mit ihm vorhat. Und in der Tat sollte sich die Epsteinsche Familienbefürchtung recht schnell bewahrheiten. Brians Träume sind nämlich groß, deutlich größer als jenes kleine Ladenschaufenster. Die Epsteins verkaufen schließlich auch klassische Schallplatten. Aber da muss mehr sein: Da gibt es doch diese neuartige Musik, Rock’n’Roll und so, und die würde sich doch wohl so richtig gut verkaufen. Und so kommen bald die Mädels in den Laden und danach auch die Jungs und wollen diese Schallplatten kaufen, jede Platte will er besorgen, und zwar innerhalb von fünf Tagen, das ist sein Werbeversprechen. Und das schafft er, außer von dieser Hamburger Band, das dauert ewig, Platten aus Hamburg kommen zu lassen. Aber: Die sind gar nicht aus Hamburg, sagt ihm sein Mitarbeiter, sondern aus Liverpool und die spielen gerade im The Cavern. Also geht er hin, redet mit ihnen, will deren Platten verkaufen. Nein, eigentlich will er sie noch lieber managen, diese in Liverpool schon reichlich beliebte Band namens „The Beatles“. Gut, Erfahrung hat er mit dem Job noch keine, aber den nötigen Ehrgeiz. Wenn da nur nicht dieser Typ wäre, der behauptet, sie wären schon bei ihm unter Vertrag, aber der glaubt eh nicht an den Erfolg der Band. Brian schon. Er überzeugt sie, dass sie es mit ihm nach New York schaffen würden. Bingo, sie willigen ein, er nimmt sie unter Vertrag.

Zunächst muss er sie erst einmal vorzeigbar machen. Sie werden eingekleidet – und er überzeugt sie von einheitlichen Frisuren. Jetzt brauchen sie noch einen Vertrag bei einem großen Plattenlabel, die nächste große Hürde…

MIDAS MAN erzählt die traumhafte, hürdenreiche Geschichte des Welterfolgs der Beatles aus der Perspektive ihres Managers Brian Epstein. Das macht über große Strecken riesigen Spaß, insbesondere, wenn man Epsteins Traum folgt, die Band groß zu machen – größer als Elvis, aber darüber lachen alle erstmal. Vieles steht und fällt bei einem solchen Biopic damit, ob aus der Lebensgeschichte eines Menschen eine filmisch überzeugend erzählte Geschichte wird, schließlich gehorcht die Gattung Film anderen dramaturgischen Gesetzen, als das richtige Leben. Ich finde, das gelingt dem Regisseur Joe Stephenson durchaus flott, etwa wie er mit visuellen Einfällen den Weg durch die Vielzahl der Plattenlabels zeigt, die die Beatles zunächst ablehnen, weil sie sich keinen Erfolg versprechen. Vieles steht und fällt bei einem Biopic aber auch damit, wie die Protagonisten eines Films, so sie berühmte Menschen sind, gezeigt werden, von wem sie gespielt werden. Manchmal ist es ja besser, es ist nicht zu viel Ähnlichkeit da. Das klappt aber nicht, wenn man es, wie hier, gleich mit fünf berühmten Protagonisten zu tun hat. Ich finde, das macht der Film aber richtig gut, sowohl was die Besetzung angeht, als auch das Spiel der Schauspieler. Was mich ebenfalls überzeugt, sind Kostüme und Setting, ich fühle mich ziemlich real ins Liverpool der Sechziger hineinversetzt.

Es ist in der Tat wirklich unterhaltsam, mit anzusehen, wie Epstein die vier von einer recht beliebten lokalen Band zu einer weltberühmten Gruppe formt. Ich finde aber, dass das an manchen Stellen doch arg herkömmlich erzählt wird und zwischendurch leider auch einige Längen hat – der Film ist mit gut zwei Stunden ein gutes Stück zu lang. Es ist eine Kunst, die manchmal gelingt, Geschichten zu erzählen, deren Verlauf man in wesentlichen Zügen kennt – und die dennoch spannend ist. Aber genau daran mangelt es mir: An den Ideen, die mich hineinziehen und mich davon ablenken, dass ich den Verlauf der Story weitgehend kenne, bevor ich den Film gesehen habe.

Das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg zeigt MIDAS MAN zwischen dem 6. und dem 11. Mai 2025, das Programm findet sich unter https://jfbb.info/ .

Jacob Fortune-Lloyd as Brian Epstein

Blake Richardson as Paul McCartney

Jonah Lees as John Lennon

Leo Harvey-Elledge as George Harrison

Campbell Wallace as Ringo Starr

Adam Lawrence as Pete Best

Directed by Joe Stephenson

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