Regie: Mike Mills
Kinostart: 24. März 2022
„Wenn du an die Zukunft denkst, wie stellst du sie dir vor? Wie sieht die Natur aus? Wie verändert sich deine Stadt? Bleiben Familien so wie heute? Woran erinnerst du dich und was vergisst du? Was macht dir Angst? Was macht dich wütend? Bist du einsam? Was macht dich glücklich?“
Für sein Interviewprojekt reist der New Yorker Radiojournalist Johnny (Joaquin Phoenix) durch die USA und interviewt Kinder und Jugendliche, über ihre Zukunft, ihre Hoffnungen, ihre Ängste, ihre Meinungen über die USA, über Politik, über die Erwachsenen, über ihr Leben. Auch in Detroit, das als Auto-Stadt einst die Zukunft symbolisierte, befragt er junge Menschen, die von ihren Ängsten und von ihren Hoffnungen auf eine bessere Zukunft berichten. Abends im Hotel, trostlos und allein, ruft er seine Schwester Viv (Gaby Hoffmann) an, weil sie beide ihre kürzlich verstorbene Mutter betrauern. Vivs Sohn Jesse ist neun, sie ist stolz auf ihn, er ist eine richtige Persönlichkeit geworden. Paul, Jesses Vater, ist nach Oakland gezogen, warum wissen wir noch nicht. Viv muss Paul bald besuchen dort, wird Jesse aber nicht mitnehmen können.
Los Angeles. Johnny besucht Viv und Jesse. Er wird sich um Jesse kümmern, während Viv bei Paul ist. Jesse ist manchmal schwierig, er spielt ein Waisenkind, das in einem Waisenhaus lebt und zu ihr zu Besuch kommt, und mit ihr über ihre angeblich toten Kinder spricht. Am nächsten Morgen ist Viv bereits abgereist, Johnny ist mit Jesse alleine. Und wo er schon einmal hier ist, interviewt er auch den Neunjährigen. Er will aber nicht auf die Antworten eingehen, er interessiert sich mehr für Johnnys technische Ausrüstung. Sie spazieren durch Los Angeles. Abends möchte Jesse, dass Johnny ihm Geschichten erzählt. Als Jesse ihn auf sein Verhältnis zu Viv anspricht, erinnert er sich an die Zeit, als ihre Mutter noch gelebt hatte: Wie sie sich gestritten hatten, als ihre Mutter krank war, darüber dass Johnny das Lieblingskind war, während Viv sich ihr Leben lang nicht verstanden fühlte. Statt Geschichten zu erzählen, liest Johnny ihm aber lieber vor, den Zauberer von Oz. Aber auch das nimmt Jesse zum Anlass, ihm, Johnny fragen über sein Leben zu stellen, zum Beispiel warum er nicht verheiratet sei. Johnny würde seinen Fragen gerne ausweichen, aber der bleibt hartnäckig. Widerwillig erzählt er von Louisa, mit der er lange zusammen war, und in die er immer noch verliebt sei. Johnny vermisst Louisa.
[The Bipolar Bear Family, by Angela Holloway. Die Geschichte der Eisbärenfamilie, bei deren Vater etwas nicht stimmt, die Erzählung der Geschichte wird unterlegt mit Bildern von früher, als Paul da war.]
Jesse fragt Johnny, ob er Papa, Dad oder einfach nur Johnny zu ihm sagen soll. Jesse will nun, dass Johnny auch mit ihm die Waisenkindrolle mitspielt. Johnny will das nicht, er fragt den Jungen, warum er darauf besteht, so exzentrisch sein zu dürfen. Weil ich es mag, sagt Jesse. Warum nicht etwas Normales spielen, fragt Johnny. Was ist normal – kontert Jesse.
Inzwischen berichtet Viv dass Jesses Vater immer stärkere psychische Probleme bekommt und dringend ärztliche Behandlung braucht. Viv bittet Johnny, sich noch ein paar Tage um Jesse zu kümmern und ihn zur Schule zu bringen. Eigentlich muss er nach New York zurück, um sich um die Interviews zu kümmern, aber er erklärt sich bereit, für Jesse da zu sein. Vielleicht könnte Jesse ja mit nach New York kommen, denkt er sich, aber für Viv kommt das nicht in Frage. Aber eine Lösung hat sie auch nicht, also erlaubt sie Johnny, Jesse mit nach New York zu nehmen.
[Mothers: An Essay on Love and Cruelty, by Jaqueline Rose.]
New York City. Johnny und Jesse sind gemeinsam in der Stadt unterwegs, der Junge ist fasziniert davon, Tonaufnahmen zu machen und New York ist dafür noch viel spannender als Los Angeles. „Du machst etwas Alltägliches unsterblich“, erklärt Johnny.
„Dein Sohn sagt, er mag New York lieber als L.A.“, schreibt Johnny seiner Schwester. „Kleiner Verräter“, antwortet die. Johnny versucht immer wieder, erzieherisch auf seinen Neffen einzuwirken, das fällt ihm etwas schwer, aber er ist schon ein bisschen eine Vaterfigur, die Jesse gerade sehr fehlt. Und Jesse ist ein Charakterkopf, der von sich sagt, dass er keine Freunde hat. Er fragt, wie Viv als Kind war. Jesse wird für Johnny immer wieder zu einer Herausforderung. Er ist mal altklug, dann liebenswürdig, redet viel, stellt oft schwierige, aber richtige Fragen, und er schläft schlecht ein. Und irgendwie wächst Johnny in eine Vaterrolle hinein, lernt Dinge, lernt den Umgang mit einem Neunjährigen, ist mal überreizt, schimpft mit ihm. Viv steht ihm telefonisch mit Ratschlägen zur Seite. Aber er ist bereit und engagiert dabei, seine Rolle einzunehmen.
Irgendwann stellt Jesse Fragen nach seinem Vater, wundert sich, warum er nicht da ist, und er fragt, warum er Hilfe braucht. Und er vermisst seine Mutter. Johnny ist in einem Dilemma, weil es eigentlich Vivs Rolle wäre, zu klären, wie es mit Paul aussieht. Am Telefon tröstet sie ihren Sohn und erklärt ihm, dass alles wieder so werden würde, wie zuvor. Aber Jesse gibt sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden. Viv hilft schließlich aus, indem sie den Zauberer von Oz zum Einschlafen am Telefon vorliest. Und es hilft, diesmal schläft Jesse schneller ein.
[An Incomplete List of what the Cameraperson enables, by Kirsten Johnson]
„Ich kann und werde einen Ort, eine Situation, ein Problem verlassen, aber die Interviewten können das nicht.“ – „Ich handle mit Hoffnung, ohne zu wissen, was die Zukunft bringt. Die Interviewten bekommen die Chance, bisher Ungesagtes auszusprechen und sich selbst als Menschen zu erleben, die Zeit und Aufmerksamkeit verdienen.“
Irgendwann, in einem Pizzaladen, drehen die beiden die Rollen um: Jesse darf der Interviewer sein, er darf Johnny fragen stellen, der die Beantwortung ebenso verweigern darf, wie all die Kinder, die interviewt werden, auch. „Warum verhaltet du und meine Mom euch nicht wie Geschwister?“ fragt Jesse. „Warum bist du allein?“ Als „bla bla bla“ empfindet Jesse Johnnys dünne, zurechtgelegte Antworten. Johnny versucht sich zu rechtfertigen, aber es gelingt ihm nicht recht. Keine seiner Antworten hat auch nur im Entferntesten die Tiefe, die die meisten Antworten der Kinder in seinen Interviews haben…
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Der aus Kalifornien stammende Regisseur Mike Mills ist der Meister der persönlichen, intimen Geschichten. „Thumbsucker“ (2005), sein erster großer Film nach einigen Musikvideos war noch die Verfilmung eines Romans von Walter Kirn. Zu den weiteren Filmen von Mills, die er immer mit großem, etwa fünfjährigem Abstand dreht, gehörten dann mit Filmen wie „Beginners“ (2010) und „Jahrhundertfrauen“ (2016) persönliche, autobiografisch gefärbte Familiengeschichten. „Come on, come on“ erzählt nun auch wieder eine Familiengeschichte, eine Geschichte über die Beziehungen zweier Geschwister, über die Beziehungen der beiden zu ihrer verstorbenen Mutter, über die Beziehung Vivs zu ihrem psychisch kranken Mann – und allem voran über das Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zu Erwachsenen, wie es Johnny in seiner wunderbaren Interviewserie erforscht – und selbst in seiner zunächst etwas unfreiwilligen Beziehung zu seinem Neffen erlebt.
Beeindruckend verwebt Mills die Geschichte des Verhältnisses zwischen Johnny und dem neunjährigen Jesse mit den Interviewäußerungen der Kinder und Jugendlichen, wo es um Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen, Erfahrungen und vieles mehr geht. Mills selbst und seine Frau, die Multimediakünstlerin und Filmregisseurin Mirandy July („Kajillionaire“, 2020), sind im Jahr 2014 Eltern eines Sohnes geworden. Mills Erfahrungen als Vater flossen in das Drehbuch des Films ein und lassen „Come on, come on“ zu einer subjektiven Auseinandersetzung mit sich selbst, mit seiner Rolle als Vater, mit seinen Erinnerungen an sich selbst als Kind werden. „Mit COME ON, COME ON wollte ich mit gegensätzlichen Maßstäben spielen“, berichtet Mills. „Einerseits geht es in dem Film um die kleinsten Momente: ein Kind zu baden, das Gespräch vor dem Schlafengehen. Auf der anderen Seite reisen wir in große Städte und hören jungen Menschen zu, die laut über ihre Zukunft und die Zukunft der Welt nachdenken. Unsere kleine, intime Geschichte spielt sich also im Kontext einer viel Größeren ab. Dieses Spektrum spüre ich oft auch bei meinem Kind. Unsere gemeinsame Zeit ist intim und privat, und doch geht es um die großen Themen des Lebens.“ Dass das Erwachsenen-Kind-Verhältnis auch ein raffinierter dramaturgischer Kniff ist, erzählt der Regisseur: „Johnny muss alles lernen, was jeder lernen muss, der ein Kind bekommt. Nur eben sehr, sehr schnell. Als Vater habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich ständig wie ein Anfänger fühlt, der versucht, mit den Veränderungen Schritt zu halten. Diese Verwirrung, diese andauernde Ungewissheit, was einen erwartet, wollte ich auf der Leinwand einfangen. Um das zu erleben, muss man kein biologisches Elternteil sein. Man kann auch ein Onkel, eine Tante, ein Lehrer oder eine Betreuerin sein.“
Diese beeindruckende Beobachtungsgabe und diese wunderbar beiläufig erzählten Details machen den Film zu einem der berührendsten Filme des Jahres und zu einem der schönsten Erwachsenenfilme über Kinder, die ich kenne. Ich fühlte mich in der zärtlichen Erzählweise bisweilen an die autobiografisch gefärbten Filme von Truffaut erinnert, aus einer ganz anderen Zeit, in einer ganz anderen Situation, aber ich musste öfters an „Sie küssten und sie schlugen ihn“ denken.
Und irgendwann fiel mir dann ein, an welchen Film mich „Come on, come on“ vor allem erinnerte. Ein Film, den ich viel zu lange nicht mehr gesehen habe: Wim Wenders‘ „Alice in den Städten“ aus dem Jahr 1974, der eben auch (in wundervollem Schwarzweiß – auf das Schwarzweiß in Mills‘ Film komme ich noch zu sprechen) ein zärtliches Roadmovie durch die USA erzählt und die Geschichte eines Mannes, der sich mit einem Kind abgeben muss, das – wie Jesse – nicht sein Kind ist, und das auch neun Jahre alt ist. Umso erfreuter bin ich, zu erfahren, dass Mills genau diesen Gedanken hatte: „Schon früh dachte ich an ‚Come on, come on‘ als eine Art Blues-Riff auf ‚Alice in den Städten‘, denn wie Wenders wollte ich eine Kinderfigur zeigen, die ein Wesen mit Willenskraft, Sorgen, Wünschen und Ängsten ist, die die gleiche Berechtigung haben wie die Gefühle eines Erwachsenen.“
Ein weiterer Aspekt, der dem Film eine unglaubliche Tiefe, eine beeindruckende Authentizität verleiht sind die Kinder und Jugendlichen, die auf Johnnys Fragen antworten – oder besser gesagt auf Joaquin Phoenix‘ Fragen. Alles ist authentisch. Es sind die wirklichen Hoffnungen, Ängste, Sorgen, Freuden, Gedanken, Eindrücke, Urteile, etcpp., die diese jungen Menschen schildern. Nie hat man das so direkt, so ungefiltert gesehen und gehört, was jungen Menschen wichtig ist, was sie brauchen, was ihnen fehlt. Das ist so echt, dass man gar nicht aufhören möchte, den Kindern zuzuhören. Man möchte sie trösten, weiterfragen, sie in den Arm nehmen, ihnen auf die Schulter klopfen, sie ermutigen. Diese Antworten auf Johnnys Fragen sind so ehrlich, dass man – dass ich plötzlich das Bedürfnis hatte, intensiv darüber nachzudenken, ob das, was ich/wir im Alltag so machen, nicht viel tiefer durchdacht werden müsste – und zwar in der Hinsicht darauf, ob das, was wir tun, diesen jungen Menschen hilft.
Auch dieses Interviewprojekt des Protagonisten hat einen autobiografischen Hintergrund: Mills dreht im Jahr 2014 für das MoMA den Dokumentarfilm „A Mind Forever Voyaging Through Strange Seas Alon“, in dem er Kinder aus dem Silicon Valley befragt, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Einen Clip mit Ausschnitten aus dem Projekt kann man sich noch auf Youtube ansehen.
Die Erzählung des Verhältnisses von Kindern zu Erwachsenen und umgekehrt macht „Come on, come on“ zu einem großen Film. Was ihn aber zu einem Meisterwerk macht ist, dass Mills es schafft, seine wundervolle Erzählweise nicht nur in den Protagonist*innen aufleben zu lassen, sondern auch in anderen Aspekten: Selten sind die amerikanischen Städte so sehr echte, wirkliche Orte, wie in diesem Film. Selbst in den New York-Filmen von sagen wir mal Woody Allen oder Noah Baumbach, nimmt New York City eine Rolle ein, ist sie wie eine zusätzliche Darstellerin, die im Drehbuch mitinszeniert wurde. Und man verstehe mich nicht falsch: Ich liebe viele der New York-Filme wie Allen oder Baumbach sie gedreht haben. Aber ich kann mich kaum an einen Film erinnern, der sich in seiner Darstellung einer Großstadt so echt, so authentisch, so beiläufig anfühlt, wie die Großstädte in Mike Mills‘ Film. Wenn ich die Szenen sehe, in denen Johnny und Jesse durch Chinatown, durch den Central Park laufen, oder in einem Geschäft einkaufen, oder unter den Brücken durchspazieren, dann erweckt das in mir Gefühle, Eindrücke, die nicht sehr weit von dem entfernt sind, was ich empfand, als ich damals durch New York spazierte, mich treiben ließ – oder eben, und da kommen wir wieder zu Wenders: Es erinnert mich an die Städte und Orte aus „Alice in den Städten“, die eben nicht inszenatorisch überhöht sind, sondern echte Orte sind.
Ein paar Worte noch zur Besetzung der drei Hauptrollen: Joaquin Phoenix war von Mills lange im Vorfeld für die Rolle angedacht und die Besetzung funktioniert wunderbar. „Joaquin mag es nicht, wenn Dinge zu sehr wie Schauspielerei wirken. Je realer sich die Dinge anfühlen, desto mehr kann er spielen und frei sein“, sagt der Regisseur. „Bei der Arbeit mit ihm ging es also darum, Situationen zu schaffen, in denen die entsprechenden Gefühle auf natürliche Weise entstehen konnten.“ Für die Rolle der Viv besetzte Mills die Schauspielerin Gaby Hoffmann, die auf eine längere Karriere zurückblicken kann und zum Beispiel in Filmen wie „Veronica Mars“ oder „Der große Trip – Wild“ zu sehen war. Mills sagt über sie: „Sie ist eine so intelligente, immer wieder überraschende und authentische Schauspielerin, und ich hatte immer den Traum, sie und Joaquin zusammenzubringen. Sie sehen ein wenig aus, als könnten sie verwandt sein, und ich habe immer schon den Verdacht, dass sie vom selben Planeten stammen.“ Der schwierigste Part der Besetzung eines solchen Filmes ist naturgemäß die Besetzung der Kinderrolle. Mills besetzte Woody Norman für Jesses Rolle, der in der Tat schon mehrfach vor der Kamera gestanden hatte. „Woody legt es nicht darauf an, zu gefallen oder es jedem recht zu machen. Er möchte einfach für sich herausfinden, was für ihn wahr und real ist. Und dabei ist er selbstbewusst und nie allzu ehrfürchtig“, erzählt Mills über Woody Norman. „Was Jesse sehr ähnlich ist.“
Zu guter Letzt noch zu einem wichtigen Aspekt von „Come on, come on“: Das Schwarzweiß. Wenn heutzutage ein Film in Schwarzweiß gedreht wird, so ist das bereits eine Aussage. Der Verzicht auf Farbe kann sich etwa bewusst auf vergangene Zeiten beziehen, es fällt einem „The Artist“ von Michel Hazanavicius ein, in dem das Schwarzweiß als Bezug zur Stummfilmzeit fungiert. Schwarzweiß kann aber auch die düstere Grundstimmung eines Films betonen, zum Beispiel in „La Haine“ von Mathieu Kassovitz. Schwarzweiß kann aber auch als künstlerisches Stilmittel eingesetzt werden, wie etwa bei Noah Baumbachs „Frances Ha“ oder bei den Schwarzweißfilmen von Jim Jarmusch, „Down by Law“ und „Dead Man“. Jarmuschs Kameramann bei beiden Filmen, der Niederländer Robby Müller, der vor ein paar Jahren gestorben ist und der auch schon viel mit Wim Wenders gedreht hatte, erklärte einmal seine Verwendung von Schwarzweißfilm: „Schwarz-Weiß ist wie ein Gedicht. Überflüssige Worte gibt es nicht. Oft wird im Farbfilm Information vermittelt, die für die Geschichte unwichtig ist.“ Zur Verwendung des Schwarzweiß in seinem Film erläutert Mills: „Schwarz-weiß funktioniert für beides. Es ist intim, lässt aber auch mehr Spielraum, holt die Figuren aus der Zeit heraus, distanziert uns vom Alltag und macht die Bilder fast zu Zeichnungen.“ In vielem erinnert man sich auch hier wieder an Wenders‘ „Alice in den Städten“. Mills Kameramann bei „Come on, come on“ ist Robbie Ryan, ein Ire, der schon für die Bilder bei Filmen wie „Ich, Daniel Blake“ (2016), „I Am Not a Serial Killer“ (2016), „The Meyerowitz Stories“ (2017), „The Favourite“ (2018), „Marriage Story“ (2019) oder „Wege des Lebens – The Roads Not Taken“ (2020) zuständig war. „Da es sich um ein Roadmovie handelt, denke ich, dass schwarz-weiß dazu beiträgt, all den verschiedenen Orten eine gewisse Einheitlichkeit zu verleihen. Durch die Bilder fügt sich diese Reise zu einer Einheit zusammen“, erläutert Ryan. „Man taucht wirklich ab in diese Welt. Aber die Herausforderung bestand immer darin, ein Gleichgewicht zu finden, damit die Bilder nie die Beziehungen oder Emotionen in dieser Geschichte überwältigen.“
„Come on, come on“ ist, soweit ich das beurteilen kann, nicht alle habe ich gesehen, Mike Mills bisher bester, persönlichster, intimster Film. Ein kleines Meisterstück, berührend erzählt, ein Film der sich in seiner zurückhaltenden Erzählweise dennoch tief einprägt. Man wünscht sich, Mike Mills-Filme nicht nur alle fünf Jahre sehen zu können, aber wenn’s der Sache dient, dann gönnt man seinen Stoffen gerne mehrere Jahre Vorbereitungs- und Reifezeit.
Beenden wir die Kritik dieses wunderbaren Films konsequent und geben wir jungen Menschen, die für diesen Film interviewt wurden, die Stimme: „Ich fürchte mich vor Einsamkeit, davor, dass Menschen dich nicht verstehen, obwohl sie dich eigentlich verstehen sollten. Es ist beängstigend, als wäre man ganz allein“, sagt einer der Jungs in New York.
Was sollten deine Eltern von dir lernen, wird eines der Kinder in New Orleans gefragt. Der Junge antwortet: „Nicht egoistisch zu sein, nicht böse zu sein und nicht respektlos zu sein. Deine Freunde und deine Eltern gern zu haben und nicht unbedingt immer der Anführer sein zu müssen.“
CREW
DREHBUCH & REGIE Mike Mills
PRODUZENTEN Chelsea Barnard, Lila Yacoub, Andrea Longacre-White
CO-PRODUZENTEN Joel Henry Rachel Jensen Geoff Linville
KAMERA Robbie Ryan
PRODUKTIONSDESIGN Katie Byron
SCHNITT Jennifer Vecchiarello
KOSTÜM Katina Danabassis
MUSIK Bryce Dessner, Arron Dessner
CASTING Mark Bennett, Jennifer Venditti
CAST
JOHNNY Joaquin Phoenix
VIV Gaby Hoffmann
JESSE Woody Norman
PAUL Scoot Mcnairy
ROXANNE Molly Webster
FERN Jaboukie Young-White
CAROL Deborah Strang
SUNNI Sunni Patterson
Laufzeit: 109 Min
Bildformat 1:1,66
Farbe: schwarz-weiß
Ton: 5.1 digital
Sprachfassungen: OV/OmdU/deutsch