ROSE von Aurélie Saada im Spielfilmwettbewerb des Jüdischen Filmfestivals Berlin-Brandenburg

ROSE.

FR 2021, 103 MIN
Regie: Aurélie Saada

Philippe, fortgeschrittenen Alters, aber der Lebensfreude sehr zugetan, feiert mit einer großen Party seinen Geburtstag, gemeinsam mit seiner Frau Rose (in der Hauptrolle die fantastische Françoise Fabian), 78, und seiner jüdischen Familie und Freunden – ein rauschendes Fest. Aber es sollte sein letzter Geburtstag sein, er ist schwer krank und bald stirbt er. Die gesamte Familie kommt nun also wieder zusammen, dieses Mal zum Trauern und zur Beerdigung. Es stellt sich heraus, dass Rose von Philippes Tod stärker getroffen ist, als befürchtet. Sie geht nicht ans Telefon, sie wäscht sich nicht, sie zahlt ihre Stromrechnung nicht. Sie ist geradezu gelähmt. Widerwillig geht sie mir ihrer Tochter Sarah mit auf eine Feier. Zunächst sitzt sie nur skeptisch da, dann hört sie interessiert zu und schließlich kifft sie sogar, als sich die Gelegenheit ergibt. Die Stimmung wird immer ausgelassener; als in einem Spiel alle ihre tiefsten Wünsche nennen, steht Rose auf und sagt, dass sie davon träumt, eine jiddische Sängerin zu sein. Und schon singt sie los und tanzt und genießt den Abend.
Und wie um ihre neu gefundene Lebensfreude auszutesten, geht sie am nächsten Tag in eine Bar, alleine. Im Barkeeper Laurent findet sie jemanden, der ein offenes Ohr für sie hat, für ihre Sorgen, für ihre Ängste.

Aurélie Saada gelingt eine wundervolle Geschichte um eine alte Dame, die es schafft, auch mit 78 ihr Leben noch einmal umzukrempeln. Die Regisseurin lässt der Geschichte so wunderbar viel Zeit, sich zu entwickeln, es gibt so großartig lange, gedehnte Szenen, die den Zuschauer hineinziehen, ihn Teil der Handlung werden lassen. Die Geburtstagsfeier am Anfang, die Trauerzusammenkunft in der Wohnung, als Philippe gestorben ist, die Feier, auf der Rose ihre Lebensfreue neu entdeckt, die Begegnung mit Laurent, dem Barkeeper usw.: Alles sind Szenen die ungefähr zehn Minuten dauern oder gar länger. Nicht eine ist langweilig, nicht eine ist auch nur eine Minute zu lang. Die Regisseurin inszeniert das mit soviel Begeisterung und Emotionalität, dass es eine schiere Freude ist. Und bei alldem sind die Nebenstränge mit den Geschichten der Kinder und Enkel Roses – mit all deren Problemen, so wundervoll beiläufig erzählt und um den Hauptstrang mit Roses Geschichte herumgewunden. Jede der Nebenfiguren, neben Rose, sind alle auch großartig besetzt. Man sieht jedem so furchtbar gerne zu. Und ausgerechnet Rose, die lange im Leben im Schatten ihres Mannes stand, ist nun diejenige, die mit dem Leben am besten zurechtkommt.
Einer der Höhepunkte des Films ist dann jene Szene, an der Rose mit ihrer Freundin eine Rundfahrt im alten Mercedes macht, im Radio läuft „Can’t take my eyes off of you“ von Gloria Gaynor, die Hymne der Lebensfreude.
Sehenswert

ROSE läuft an zwei Terminen beim Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg:

17.06.2022 18:00 Berlin: Delphi Lux

19.06.2022 21:00 Potsdam: Thalia – Das Programmkino

Tickets gibt es hier: https://jfbb.info/programm/filme/rose

Regie: AURÉLIE SAADA

FR 2021, 103 Minuten

Aurélie Saada, geboren am 4. August 1978, ist eine französische Singer-Songwriterin, Regisseurin und Schauspielerin. Sie bildet mit Sylvie Hoarau die Gruppe Brigitte. Das Duo gewann bei den Victoires de la Musique 2012 den Preis „Gruppen- oder Künstlerenthüllungsbühne“. 2021 war sie Autorin, Komponistin und Regisseurin von „Rose“ mit Françoise Fabian in der Titelrolle. Der Film wurde beim Internationalen Filmfestival Saint-Jean-de-Luz in der Kategorie „Bester Film Grand Prix“ nominiert und beim Internationalen Filmfestival von Locarno mit dem Variety Piazza Grande Award ausgezeichnet.

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