SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023

SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.
SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.

„Warum schläfst du eigentlich mit mir, wenn du gar nicht willst?“ fragt Alex. „Weil ich dich liebe“, antwortet Karo, 28 Jahre, ihrem Freund. Ihre Mutter Michaela ist Friseurin, 50. Ohne sie zu fragen hat Mama für die nächste Woche eine Woche Rügen gebucht. Sie habe gar keine Zeit, gibt Karo vor. Michaela hat immer wieder problematische Beziehungen gehabt, Karo meint, dass ihr derzeitiger Kerl sie sogar geschlagen habe. Die Mutter leugnet das.

SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.
SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.

Also fahren sie halt zusammen zur Ostsee, wo gerade nicht viel los ist, das Hotel erinnert eher an einen Plattenbau in Ostberlin zu Hause. Ewiges Thema zwischen den beiden ist der abwesende Vater. Bauarbeiter. Karo hat eine stetige Sehnsucht nach einem Vater gehabt, aber er meldete sich nie bei ihr. Manchmal beobachtet sie ihn auf den Baustellen, auf denen er arbeitet.

Im Hotel lernen die beiden dann Jochen, 60 Jahre alt, frisch geschieden, für sein Altern noch sehr attraktiv, und seine Tochter Marie, 16, kennen. Michaela hat gleich den Verdacht, dass ihre Tochter in dem Mann auch schon sofort eine potentielle Vaterfigur sieht. Immerhin bringt Michaela aus dem Friseurladen tiefgreifende Menschenkenntnis mit. Sofort erkennt sie, dass der Typ sich gerade scheiden lässt und deswegen mit seiner Tochter erstmals in Urlaub geht, um einiges geradebiegen zu können. Karos erste Begegnung besteht gleich darin, dass sie Jochen in seiner Panikattacke beruhigt.

Zunächst treten aber erstmal die Unterschiede zwischen Karo und Michaela, Mutter und Tochter zutage: ihre unterschiedliche Vorstellungen von Männern, Körperpflege und Urlaubsbeschäftigungen. Karo will sich eigentlich entspannen, Michaela hat sich mehr Mallorca vorgestellt. Und Karo taucht dann ziemlich bald in einen emotionalen Strudel ein: Einerseits erkennt sie in Marie das Mädchen, das sie nie war: mit aufregender Jugend, abenteuerlich, von Männern umschwärmt, immer im Mittelpunkt. Andererseits sieht sie ihre Mutter dabei, wie sie mit Jochen rummacht, eine Vaterfigur hat Karo selbst aber nie gehabt, ihr Vater war immer abwesend. Und bald wirkt sich das auch dahingehend aus, dass Konflikte zwischen Mutter und Tochter ausbrechen.

SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.
SPRICH MIT MIR von Janin Halisch beim Max-Ophüls-Festival 2023. (c) Antonia Lange.

SPRICH MIT MIR ist Janin Halischs erster Langfilm. Halisch ist 1984 in Ost-Berlin geboren, studierte an der DFFB und war bereits mit einigen Kurzfilmen an internationalen Festivals vertreten. Halisch berichtet von den autobiografischen Bezügen, die in ihrem Erstlingsfilm erkennbar sind: „Meine Mutter, diese über alles hinweg lachende, vom Leben gezeichnete Frau und ihre spätpubertierende, alles kontrollierende Tochter, die der festen Überzeugung war die „bessere Frau“ von beiden zu sein. Urlaube mit meiner Mutter sind immer intensiv. Sie sind voller Witz, Scham, Schmerz und Liebe und sie haben Jahr für Jahr mein Leben geprägt. Keine andere Frau habe ich so gemustert, so erlebt, so nah gespürt, so verflucht, so verglichen, so verletzt und so geliebt wie diese.“

SPRICH MIT MIR ist eine berührende, persönliche Geschichte, ein, wie die Regisseurin treffen formuliert, „verspätetes Coming of Age-Drama“. Insbesondere Alina Stiegler als Karo hinterlässt einen bleibenden Eindruck mit dieser Rolle. Ihre Situation als sich spät entwickelte, vaterlose junge Frau dekliniert der Film mit den Rollen der Mutter, Jochens und Maries durch, in denen sich Karos Vergangenheit spiegelt und kontrastiert. Wunderbar zeigt der Film, wie Karo an einer Stelle ihres Lebens angekommen ist, an der sie ihre Vergangenheit und ihre Zukunft in Frage stellt und darüber nachdenkt, was anders werden, damit sie zu einer glücklichen Frau wird. „Es ist ein Film über den holprigen Weg zur Akzeptanz zwischen Müttern und Töchtern, wenn nicht sogar eine komplette Liebeserklärung an diese einzigartige Beziehung“, schreibt Halisch.

DEUTSCHLAND 2023, 80 MINUTEN, 1:1,85, DCP 2-K, DEUTSCHE FASSUNG MIT ENG UT

REGIE UND DREHBUCH               JANIN HALISCH
CO-AUTORIN                                 HANNAH SIODA
KAMERA                                         ANTONIA LANGE
EDITOR                                           JAMIN BENAZZOUZ
PRODUZIERT VON DEUTSCHE FILM- UND FERNSEHAKADEMIE BERLIN IN CO-PRODUKTION MIT SOFTSPOT PRODUCTIONS, ACHTUNG PANDA! UND RBB
GEFÖRDERT DURCH MEDIENBOARD BERLIN BRANDENBURG

CAST

KARO                  ALINA STIEGLER
MICHAELA         BARBARA PHILIPP
JOCHEN              PETER LOHMEYER
MARIE                PEARL GRAW
ALEX                    JONATHAN BERLIN
VICTOR               ZETHPHAN SMITH-GNEIST
VATER                 PIERRE BESSON

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