JFBB Sektion WETTBEWERB SPIELFILM
Regisseur MICHAŁ KWIECIŃSKI
Land/Länder PL
Jahr 2022
Dauer 125 MIN
Vom 13. bis zum 18. Juni 2023 zeigt das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg in seiner diesjährigen Ausgabe in Berlin und Potsdam unter dem Motto „Jewcy Movies“ wieder Filme mit jüdischem Bezug. Im Wettbewerb Spielfilm ist in der diesjährigen Ausgabe der Film FILIP des polnischen Regisseurs MICHAŁ KWIECIŃSKI zu sehen. Kwiecinski ist Gründer des Akson Studios, einer der führenden polnischen Produktionsfirmen, mit Sitz in Warschau. Kwiecinski ist ein Tausendsassa, neben seiner Filmausbildung in der Regie- und Schauspielanteilung der Staatlichen Hochschule für Theater in Warschau ist er nämlich auch Inhaber eines Doktortitels der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Chemie, und er wurde ausgezeichnet mit einem Ritterkreuz des Ordens der Polonia Restituta und einer Gloria-Artis-Medaille für seine Verdienste für die Kultur. Seit Jahrzehnten ist er als Produzent tätig, er hat aber auch immer wieder bei Filmen Regie geführt, zuletzt im Jahr 2018 bei „Miłość jest wszystkim“ („Liebe ist alles“).
FILIP basiert auf dem gleichnamigen autobiographischen Roman des polnisch-jüdischen Schriftstellers Leopold Tyrmand. Wir befinden uns im Jahr 1941, im Warschauer Ghetto. Der junge, lebenslustige Filip will seine Verlobte Sara ehelichen, doch im Warschauer Ghetto sind solche Pläne nicht so einfach in die Tat umzusetzen. Alles ist noch voller Lebenslust, es gibt eine musikalische Vorführung in einem Theater, es werden noch berufliche Pläne geschmiedet, wir lernen Filips Schwester und deren Verlobten kennen – und die Eltern – die abreisen. Trotz allem herrscht natürlich auch schon eine tiefe Unsicherheit, ob dessen, was passieren wird. Am Rande jener Cabaretaufführung gelingt es Filip dann eben, einen ruhigen Augenblick zu finden und um die Hand seiner geliebten Sara anzuhalten. Sie hält ihn für verrückt, besiegelt den Antrag aber mit einem Kuss. Doch kaum tanzen die beiden Verliebten auf der Bühne des Cabarets, fallen Schüsse deutscher Soldaten – und die geliebte Sara stürzt tödlich verletzt zu Boden.
Frankfurt, zwei Jahre später. Inzwischen lebt Filip in Frankfurt am Main. Seine polnisch-jüdische Abstammung hält er verborgen und er arbeitet als französischer Zwangsarbeiter in einer Küche in einem renommierten Hotel. Er und sein aus Belgien stammender Freund Pierre vögeln sich durch die Frankfurter Frauenwelt, begünstigt dadurch, dass der eine oder andere Ehemann gerade an der Front weilt. Die junge, attraktive Blanka ahnt anhand seiner beschnittenen Vorhaut, dass er Jude sein könnte, aber Filip gibt sich gelassen. Für bald kündigt sich eine nationalsozialistische Delegation für eine wichtige Feierlichkeit im Hotel an. Das Personal („das Beste, was das eroberte Ausland zu bieten hat“) wird inspiziert. Staszek, ein Pole, ist der verantwortliche Schleuser, der Filip als Franzosen ins Land geschmuggelt hat und ihm dabei hilft, nicht als Jude aufzufliegen. Eigentlich hasst er Juden, aber Filip mag er. Als Bezahlung versorgt Filip den Polen mit vorzüglichen Weinvorräten.
Schließlich kommen Filip und Pierre auf einen aberwitzigen Plan: Sie wollen sich an den Deutschen rächen, indem sie mit den Frauen schlafen und sie danach, wenn sie sich schuldig gemacht haben, mit einem Ausländer geschlafen zu haben – demütigen. Doch das stellt sich bald vor allem als eines heraus: Ein fürchterlich gefährliches Spiel, das die beiden früher oder später das Leben kosten könnte. Und dann taucht auch noch eine frühere Bekanntschaft Filips aus Polen in Frankfurt auf.
Der Film beginnt mit einer unglaublichen Kamerafahrt durch das jüdische Ghetto, wir sind mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit unterwegs – und ich kann mich an keinen Film erinnern, der es so schnell, so intensiv, so realistisch geschafft hat, uns die Welt des jüdischen Ghettos in Warschau vor Augen zu führen. Michał Kwieciński erzählt eine spannende, atemberaubende Geschichte in einer Welt, die wir mit der Kriegszeit kaum assoziieren, der Welt eines Luxusrestaurants zu einer Zeit, als an der Front massenweise gestorben wird. Kwieciński gelingt es, die Spannung in diesem Film aufrecht zu erhalten, auch wenn es in der Natur der Thematik liegt, dass der eine oder die andere Deutsche sich als Klischeefigur darstellt. Dennoch ist der Film sehenswert, was vor allem auch auf der schauspielerischen Leistung des Hauptdarstellers Eryk Kulm liegt.