DER WUNSCH von Judith Beuth beim Max-Ophüls-Festival

DER WUNSCH: Christiane & Maria, Fotografin: Judith Beuth, Copyright: Kloos & Co. Ost

„Maria und ich sind befreundet, seit wir 13 Jahre alt waren. Christiane lernte ich kennen, als die beiden sich gerade verliebt hatten.“ Im Off-Kommentar erzählt die Regisseurin Judith Beuth über ihr Verhältnis zu den beiden Protagonistinnen ihres Dokumentarfilms „Der Wunsch“. „Sie wirkten wie durch ein festes Band verbunden“, sagt sie. Zehn Jahre lang begleitete Judith Beuth die beiden immer wieder mit der Kamera, im März 2013 beginnt sie damit, als die beiden gerade dabei sind, umzuziehen. Damals waren sie schon ein paar Jahre lang ein Paar. Die beiden lernten sich kennen, weil Christiane Krankenpflegerin im häuslichen Dienst war. Maria war ihre Patientin. Maria sitzt mit einer Querschnittslähmung im Rollstuhl, seit einem Badeunfall in ihrer Jugend, als sie 17 war. Schon bald hatte sich Christiane in ihre Patientin verliebt, aber noch sehr lange wollte sie das nicht wahrhaben. Erst als eine Freundin von ihr bemerkte, dass Maria so sehr Gesprächsthema war – und ob sie sich denn verliebt hätte – fiel es ihr auch selbst auf. Doch schließlich hatten beide „den Mut und die Kraft“, sich darauf einzulassen, ein Paar zu werden. Und dann schildern die beiden der Regisseurin ihren Wunsch – der dem Film dann eben seinen Titel verleihen wird: Sie wollen gerne ein Kind bekommen. Wie der ideale Vater für das Kind sein könnte, fragt die Regisseurin. Eine konkretere Antwort als „sympathisch“ haben die beiden aber nicht parat. Nun geht es den beiden also darum, einen potenziellen Vater für das Kind zu finden. Aber wie findet man den? Und welche Rolle würde derjenige spielen? Die Vorstellung ist schwierig und da sie nach einigen Gesprächen schließlich niemanden finden, beschließen sie, sich an eine Samenbank zu wenden. Auch da gibt es verschiedene Möglichkeiten: eine komplett anonyme Spende und eine nicht anonyme Spende, bei der das Kind, wenn es 18 ist, erfahren kann, wer sein Vater ist. Sie unternehmen also zunächst einen Inseminationsversuch zu Hause, und als der nicht klappt, einen unter ärztlicher Aufsicht, was damals in Deutschland für lesbische Paare allerdings noch nicht möglich war. Also fahren sie nach Dänemark. Wieder zu Hause folgt schließlich der Schwangerschaftstest. Spannende Minuten, die die Regisseurin dehnt. Aber dieser und weitere Versuche in Dänemark bleiben vergeblich. Nun versuchen sie es mit der In vitro-Fertilisationsmethode. Ein langer Weg mit vielen Hürden und mit offenem Ausgang wird noch vor den beiden stehen. Es wird so etwas wie ein Rennen gegen das, was die deutsche Sprache mit diesem ach so klischeebeladenen Begriff der „biologischen Uhr“ benennt. Aber es wird auch ein Kampf der beiden darum werden, dass ihre Beziehung darunter nicht leiden wird. Immer hilft ihnen dabei, dass sie offen miteinander sprechen können, dass sie humorvoll, aber auch ernst und aufrichtig miteinander kommunizieren. Aber noch ahnen die beiden nicht, wie sehr der Kinderwunsch ihr künftiges Leben bestimmen wird.

Judith Beuth erläutert ihre jahrelange Arbeit für diesen Dokumentarfilm: „Menschen und die verschiedenen Facetten der Liebe waren, seit ich mit dem Filmemachen begann,

zentrale Themen für mich. DER WUNSCH ist eine weitere Erkundung dessen, mit einem sehr persönlichen Zugang. (…) Als Maria und Christiane mir vor über 10 Jahren von ihrem Wunsch erzählten und ich begann, sie filmisch zu begleiten, ahnte ich nicht, welche enormen

Herausforderungen auf die beiden und ihre Beziehung zukommen würden. Als Frau in einem ähnlichen Alter beschäftigen mich seit Drehbeginn auch zunehmend Fragen rund um Mutterschaft und das Kinderkriegen und wann man Erwartungen an das eigene Leben, die vielleicht nicht erfüllt werden können, loslassen sollte.“ Judith Beuth stammt aus Thüringen, aufgewachsen ist sie in Ostberlin Sie studierte an der HFF in Babelsberg Regie, realisierte an der Hochschule diverse dokumentarische Filme. Besonders prägend für ihre Arbeit als Dokumentarfilmerin war die Arbeit am Dokumentarfilm DACH OHNE HAUS, den sie in Teheran in Zusammenarbeit mit iranischen Filmstudierenden verwirklichte. DER WUNSCH ist nun ihr erster Langfilm.

Judith Beuths Film ist ein so immens persönlicher Film. Man merkt ihm in jeder Sekunde an, wie eng die Beziehung der Regisseurin zu den beiden Frauen ist. Der Film zieht einen hinein in das Leben der beiden Protagonistinnen, er lässt einen teilhaben an ihrem hoffnungsvollen wie schmerzlichen Prozess. Er quält einen bisweilen, man muss sich auf diesen Schmerz einlassen. Es gibt irgendwann diesen Moment, in dem man realisiert, dass wir gar nicht so sehr einen biografischen Dokumentarfilm sehen, in dem wir das Schicksal einer querschnittsgelähmten Frau und ihrer Lebensgefährtin erzählt bekommen, wir sehen auch nicht so sehr den Alltag der beiden, die Einblicke in das Berufsleben der beiden findet nur ganz kurz statt. Wir lernen auch nicht viel über das Umfeld, den Freundeskreis etc. der beiden kennen. Was wir sehen, ist quasi ein monothematischer Dokumentarfilm über den Kampf zweier Frauen, ein Kind zu bekommen. Nicht mehr und nicht weniger. Dass Judith Beuth so sehr bei der Erzählung dieses Teils des Lebens der beiden bleibt, führt dazu, dass wir voller Spannung und Angst an der Erzählung dranbleiben. Ich glaube, es ist auch ein Film, der jeden Zuschauer und jede Zuschauerin in seiner bzw. ihrer eigenen Lebenssituation abholt und dazu zwingt, vor sich selbst Stellung zu nehmen: Bin ich glücklich mit meiner eigenen persönlichen Situation. Wie wäre es gewesen, wenn ich selbst keine Kinder bekommen hätte. Wie wird es einem damit ergehen, wenn man meint, etwas im Leben verpasst zu haben, etwas nicht erlebt zu haben. DER WUNSCH ist ein Dokumentarfilm, der lange nachwirkt.

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Die Termine beim Max-Ophüls-Festival:

Uraufführung: 23. Januar 2024 um 19:00 Uhr, CineStar 2

Weitere Festival-Vorführungen:
Mittwoch, 24.01.24, zwei Vorführungen:
10:30 Uhr, CineStar 5 / 18:30 Uhr, Filmhaus
Freitag, 26.01.24: 16:30 Uhr, CineStar 2

https://ffmop.de/film_detail/movie-656a12b3f080e

DER WUNSCH startet am 24. März 2024 im Verleih von RISE AND SHINE CINEMA in den deutschen Kinos.

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BUCH & REGIE Judith Beuth
BILDGESTALTUNG Yannick Bonica, Judith Beuth
PRODUKTION Kloos & Co. Ost
KO-PRODUKTION Mattima Films, ZDF/Das kleine Fernsehspiel
PRODUCERIN Bianca Laschalt
KO-PRODUZENT Andrew Grant
REDAKTION ZDF Stefanie von Heydwolff
MONTAGE Jana Dugnus
ANIMATION Maria Taebling
FILMMUSIK Amund Ulvestad
SOUND DESIGN & TONMISCHUNG Florian Marquardt
TONSCHNITT Karolin Killig
GEFÖRDERT DURCH MDM Mitteldeutsche Medienförderung
Norwegian Film Institute
North Norwegian Film Center
WELTVERTRIEB Rise & Shine World Sales
VERLEIH Rise & Shine Cinema

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