ICHIKO von Akihiro Toda beim Nippon Connection Filmfestival in Frankfurt

©2023 „Ichiko“ Film Partners

-Bereits das 24. Nippon Connection Filmfestival öffnet vom 28. Mai bis zum 2. Juni 2024 in Frankfurt seine Tore. Im letzten Jahr besuchten 18.500 Besucher und besucherinnen die Vorstellungen des Japan-Filmfests, ca. 100 Filme sind jedes Jahr zu sehen, etliche Gäste, Schauspieler*innen, Regisseur*innen etc. sind jedes Jahr zu Gast.

Zu einem der Highlights der diesjährigen Ausgabe zählt ICHIKO des Regisseurs Akihiro Toda. TODA wurde im Jahr 1983 in der Präfektur Nara geboren, studierte Theater an der Kindai University, einer privaten Hochschule in Higashiōsaka in der Präfektur Osaka. 2014 gründete er die Produktionsfirma Cheese Film und daran anschließend 2017 die Theatergruppe Cheese Theater. Toda ist in beiden Welten, dem Film und dem Theater gleichermaßen unterwegs. 2014 gab er sein Spielfilmdebüt mit der Familiengeschichte TANGERINES ON CAT. Seine Filme THE NAME (2017) – ein Genremix aus Schuldrama und Gesellschaftskomödie, sowie der mittellange Film WE HAVE THE SAME MORNING (2021) waren auf vielen Filmfestivals zu sehen. Akihiro Toda ist auch als Autor und Theaterregisseur tätig. ICHIKO (2023) beruht nun auf seinem eigenen, preisgekrönten Theaterstück.

Yoshinori und Ichiko sind seit drei Jahren ein Paar, als er, etwas spröde, ihr zunächst eine „marriage licence application“ vorlegt und sie dann fragt, ob sie ihn heiraten möchte. Sie ist glücklich, auch über das wunderschöne Kleid, das er ihr zu diesem Anlass schenkt. Umso mehr wird er aus der Bahn geworfen, als sie kurz darauf plötzlich verschwunden ist. Noch glaubt er, er hätte sie mit seinem Antrag überfordert und noch glaubt er, dass sie bald zurückkommt, doch als das auch nach Längerem nicht passiert, gibt er eine Vermisstenmeldung auf. Doch der ermittelnde Kommissar Goto wartet mit einer Überraschung auf: Ichiko Kawabe existiere nicht, sagt er! Eigentlich hieß sie Tsukiko – und bald stellt sich heraus, dass Goto die junge Frau nicht nur sucht, weil sie verschwunden ist – dunkle Schatten aus ihrer Vergangenheit treten allmählich zu Tage. Yoshinori gibt sich nun auf eine Suche nach der wahren Ichiko bzw. Tsukiko. Er trifft sich mit Freundinnen aus ihrer Kindheit, mit Exfreunden. Eigentlich weiß er nämlich gar nicht viel über sie. Er findet heraus, dass sie aus schwierigen Verhältnissen stammt, dass ihre Mutter alleinerziehend war. Wie in einem Puzzle erfahren wir immer mehr Aspekte ihres Lebens und ihres Charakters. Gemeinsam mit Yoshinori begeben wir uns auf die Suche nach den Gründen für die Verschleierung ihrer eigenen Identität. Und welche Rolle spielt dabei der mysteriöse Skelettfund, der am Anfang des Films bereits in den Radionachrichten angedeutet wird?

Akihiro Toda erzählt die Geschichte mit einem raffinierten Netzwerk an Zeitsprüngen, alle paar Minuten wird die Zeitebene und die Perspektive gewechselt, neue Jahreszahlen eingeblendet, neue Details von Ichikos Vergangenheit angedeutet. Er verwebt diese Szenen zu einem raffinierten Psychothriller, ohne dass er sich um die Genrekonventionen und die dem Genre üblicherweise innewohnende Dramatik schert. Der Film erzählt über weite Strecken langsam und leise, verzichtet auf den verstärkenden Einsatz dramatischer Musik und schafft es so, mich in die Geschichte hineinzuziehen.

Allem voran wird der Film aber von seiner Hauptdarstellerin getragen, Hana Sugisaki. Sie ist 1997 in Tokio geboren und ist in Japan bereits sehr bekannt. Zu ihren Filmen gehören „Her Love Boils Bathwater“ von Ryota Nakano, einem Filmdrama aus dem Jahr 2016, für das Hana Sugisaki in der Hauptrolle mit etlichen Preisen japansicher Festivals ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2021 war sie in Takashi Miikes „The Great Yokai War: Guardians“, einem schrillen Kinder-Superheldenfilm zu sehen. Immer wieder wird sie für Anime-Stimmen besetzt, war viel in TV-Filmen und -Serien zu sehen und war zeitweise auch als Moderatorin bei Tokyo FM tätig. In ICHIKO verleiht sie den vielen Aspekten der Hauptfigur eine beeindruckende Vielfalt und Wandelbarkeit, sie trägt den Film über weite Strecken und sorgt dafür, dass der Film an den Grenzen des Genres zu einem berührenden Film wird. Ein kleiner Wermutstropfen besteht für mich darin, dass mein Gehirn für so viele Zeitsprünge nicht gemacht ist. Ich mag die Rückblicksdramaturgie vieler Filme überhaupt nicht, ja, hier ist der Zeitsprung das strukturierende Merkmal der Filmhandlung und ich verstehe die Idee dahinter in jedem Fall, aber sie überfordert mich immer wieder und erweckt meine Sehnsucht nach Filmen mit einer geschlossenen, stringenten Handlung. Dennoch: Dass es Akihiro Toda gelingt, seine Handlungsfäden nicht zu verlieren und sie zum Schluss hin wieder sorgsam verknüpft ist eine große – auch filmische – Leistung.

https://db.nipponconnection.com/de/film/2438/ichiko

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