Ein Meilenstein für die europäische Raumfahrt?

(c) Isar Aerospace, Wingmen Media

Während die private US-amerikanische Weltraumfahrt ihre Starts im wahrsten Sinne des Wortes mit lautem Getöse ankündigt, tut sich in der europäischen Raumfahrt einiges, bisher noch ohne allzu laute PR-Maschinerie. Zwei Orte spielen dabei eine Rolle: Ottobrunn, ein kleines Städtchen in der Nähe von München, sowie Andøya im Norden Norwegens, 69° N 16°E. In Ottobrunn befindet sich der Sitz der privaten Raumfahrtfirma ISAR AEROSPACE, im Norden Norwegens, in der Einsamkeit abseits jeglichen nennenswerten Flugverkehrs, befindet sich der Andøya Spaceport, ein derzeit noch kleines Zentrum der europäischen privaten Weltraumfahrt – und Startplatz für den nun ab 20. März 2025 möglichen Probestart der zweistufigen Rakete von Isar Aerospace, „Spectrum“.

Die Spectrum ist 28 Meter lang, misst 2 Meter im Durchmesser, die Nutzlast wird 1 Tonne im niedrigeren Orbit bzw. 700kg in der höheren Umlaufbahn betragen können. Die erste Stufe besteht aus neun „Aquila“-Antrieben, die zweite Stufe aus einem Antrieb. Die Motoren sind von ISAR AEROSPACE selbst entwickelt und gebaut worden. Der Andøya Spaceport, von dem die Spectrum abheben wird, ist Ende 2023 eröffnet worden. Er ist der erste festlandeuropäische Weltraumbahnhof. Die norwegische Luftfahrtbehörde hat vor wenigen Tagen die Starterlaubnis erteilt. Der Mission „Going Full Spectrum“, dem ersten Start einer Rakete in eine Umlaufbahn, vom europäischen Festland aus, steht also von dieser Seite her nichts mehr im Weg. Ob die Technik funktioniert, werden wir vielleicht schon morgen sehen.

(c) Isar Aerospace, Wingmen Media

CEO und einer der Mitgründer von ISAR AEROSPACE ist Daniel Metzler. Er sagt zum bevorstehenden Startversuch: „Wir nähern uns dem wichtigsten Moment unserer bisherigen Reise, und ich möchte all unseren Mitarbeitern, Partnern, Kunden und Investoren danken, die uns begleitet und uns ihr Vertrauen geschenkt haben. Im heutigen geopolitischen Klima geht es bei unserem ersten Testflug um viel mehr als nur um einen Raketenstart: Der Weltraum ist eine der wichtigsten Plattformen für unsere Sicherheit, unsere Widerstandsfähigkeit und unseren technologischen Fortschritt. In den nächsten Tagen wird Isar Aerospace den Grundstein legen, um den dringend benötigten unabhängigen und wettbewerbsfähigen Zugang zum Weltraum von Europa aus wiederzuerlangen.“

ISAR AEROSPACE wurde 2018 gegründet. Sechs Jahre verbrachte man mit der Entwicklung der Spectrum-Rakete. Die Stufen wurden bereits intensiven Tests unterzogen. Die harten Kriterien meines neunjährigen raumfahrtbegeisterten Sohnes Julius dürften schonmal erfüllt sein: Die Rakete muss cool aussehen und der Chef darf kein Angeber sein. Vor allem im Vergleich zu diversen amerikanischen Mitbewerbern. „Wir sind dabei die Raumfahrtindustrie umzukrempeln“, so die Selbstbeschreibung auf der Internetseite der Firma, klingt dennoch erfreulich ambitioniert. Und wer weiß, vielleicht wird der US-amerikanische derzeitige Isolationismus dem Projekt „Spectrum“ noch weiteren Schub verleihen können. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass mein Sohn für den Start die Daumen drücken wird.

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